Aktuelles & Rechtstipps

ARBEITSrecht: Alternativen zur Kündigung

Martin J. Warm • 4. Juli 2016

Wir erläutern Ihnen, welche arbeitsrechtliche Sanktionen es anstelle einer Kündigung gibt

Bei Vertragsverstößen eines Mitarbeiters reagieren Arbeitgeber unterschiedlich. Kündigungsschutzklagen sind oftmals die Folge. Wir zeigen Ihnen hier zweckmäßige Überlegungen auf, um die Situation zu lösen.

Abschluss eines Aufhebungsvertrages statt Ausspruch einer fristloser Kündigung

Oftmals reagieren Arbeitgeber bei Verstößen von Arbeitnehmern gegen Vertragspflichten mit der Vorlage eines Aufhebungsvertrags. Dies ist ein probates Mittel zur Vermeidung einer Kündigung oder einer Abmahnung. Zu oft wird aber Häufig schon der einfache Verdacht von Verstößen zum Anlass genommen, sofort eine Aufhebung zu verlangen. Arbeitnehmer sind in diesem Fall allerdings nicht rechtlos, wenn der Aufhebungsvertrag mit der Drohung einer sonst auszusprechenden fristlosen Kündigung verbunden wird.

Schon der Verzicht auf eine Klagerhebung kann dazu führen, dass der Vertrag durch den Arbeitnehmer angefochten werden kann. Im Rechtsstreit kann das Arbeitsgericht dann prüfen, ob eine "unangemessene Benachteiligung" vorliegt.

Wichtig zu wissen ist, dass eine Anfechtung noch innerhalb eines Jahrs erfolgen (§ 124 BGB) kann, also eine viel längere Frist besteht, als die drei Wochen, in der eine Kündigungsschutzklage erhoben werden muss.

Für diese Zeit besteht eine Rechtsunsicherheit.

Ausspruch einer Abmahnung statt Ausspruch einer fristlosen Kündigung - sowohl als auch?

Sinnvoll ist immer der Ausspruch einer Abmahnung ernstlich in Erwägung zu ziehen und abzuwägen.

Den Fall "Emely" kenne viele Arbeitgeber inzwischen. Der Fall hat bundesweit für Aufsehen gesorgt. Kann einer Kassiererin nach 30 Jahren Zugehörigkeit gekündigt werden, weil sie Pfandbons im Wert von € 1,30 unterschlagen haben soll? Zuletzt hat das Bundesarbeitsgericht der Klägerin Recht gegeben. Natürlich liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor (Störung Vertrauensverhältnis).

Schlussendlich war aber abzuwägen - der vergleichsweise geringfügige Schaden und die über drei Jahrzehnte ohne rechtlich relevante Störungen verlaufende Beschäftigung. Deshalb hätte eine Abmahnung genügt. (Urteil vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09 , PM des BAG )

Entschließt sich der Arbeitgeber, bei einem Fehlverhalten eine Abmahnung auszusprechen, kann er aus dem selben Grund nicht kündigen.

Auch, dann, wenn der Arbeitgeber eine Abmahnung ausspricht, kommt es immer wieder zu Fehlern. Dazu gehört auch: Wer darf eigentlich eine Abmahnung aussprechen? Zur Abmahnung berechtigt sind auf der Seite des Arbeitgebers nicht nur diejenige, die auch eine Kündigung aussprechen können (Geschäftsführer, Personalleiter), sondern auch alle Personen, die gegenüber dem Arbeitnehmer weisungsberechtigt sind. Ob das jeder Vorarbeiter sein kann, entscheidet sich nach der Praxis. In der Regel kann das derjenige sein, der auch Ort, Zeit und die Art und Weise der Arbeitsleistung ‘anordnen’ kann.

Da Abmahnungen heutzutage üblicherweise schriftlich erteilt werden (eine mündliche Abmahnung kann oft nicht bewiesen werden), ist zu verlangen, dass mindestens der Abteilungsleiter mit unterschreibt. Häufig genug ist allerdings eine “Abmahnung” keine solche. Verlangt werden (a) die Rüge eines bestimmten Fehlverhaltens, (b) die Mahnung, sich künftig vertragsgerecht zu verhalten sowie (c) die Warnung, dass es sonst zu einer Kündigung kommen kann.

Ausspruch einer Änderungskündigung statt Ausspruch einer Beendigungskündigung

Eine ordentliche Beendigungskündigung ist ausgeschlossen, wenn die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen. Hier gilt es, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer anzubieten.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Martin J. Warm , Paderborn ( www.warm-wirtschaftsrecht.de )



Tipp: Sprechen Sie vorab mit uns, wenn Sie Sachverhalte haben, in denen Sie entweder als Arbeitgeber überlegen, einen Mitarbeiter zu kündigen oder als Arbeitnehmer betroffen sind, wenn Sie eine ungerechtfertigte Abmahnung, Ermahnung oder eine Kündigung Ihres Arbeitsvertrages erhalten haben. Wir zeigen Ihnen zur Lösung Ihres Falles Möglichkeiten und Alternativen auf!

Ihr Ansprechpartner ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Warm.

von Kanzlei Blog 29. Januar 2025
Auch wenn ein Flug nach vorheriger Annullierung mit einem Gutschein gebucht wurde, sind Passagiere nicht verpflichtet, bei einer erneuten Annullierung erneut einen Gutschein zu akzeptieren. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte dies in einer aktuellen Entscheidung und sah in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Fluggesellschaft einen Verstoß gegen die Fluggastrechteverordnung.
von Kanzlei Blog 22. Januar 2025
Die Haftung für Schäden durch einen sich entzündenden E-Bike-Akku hängt von der rechtlichen Einordnung des E-Bikes ab. Entscheidend ist, ob das E-Bike als Kraftfahrzeug im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) gilt oder nicht. Diese Abgrenzung richtet sich vor allem nach der Leistungsstärke des Fahrzeugs. 
von Martin Warm 2. Januar 2025
Die Versetzung von Arbeitnehmern ins Ausland ist ein Thema, das durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 30.11.2022 (Az. 5 AZR 336/21) an Bedeutung gewonnen hat. In diesem Urteil wurde klargestellt, dass das Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO) grundsätzlich auch die Möglichkeit umfasst, Arbeitnehmer an ausländische Arbeitsorte zu versetzen – sofern der Arbeitsvertrag keine anderslautende Regelung enthält.  Im konkreten Fall durfte die Fluggesellschaft Ryanair einen Piloten vom Standort Nürnberg nach Bologna, Italien, versetzen.
von Kanzlei Blog 4. Dezember 2024
Wenn ein Flug aufgrund von organisatorischen Problemen der Airline nicht angetreten werden kann, haben Passagiere unter Umständen Anspruch auf eine Entschädigung. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass ein Fluggast, der trotz rechtzeitigem Erscheinen am Check-in-Schalter Anspruch auf eine Ausgleichszahlung sowie die Erstattung des Ticketpreises hat, wenn er unverschuldet danach den Flug verpasst (AG Frankfurt a.M., Urteil vom 25.10.2024 - 29 C 4052/22).
von Kanzlei Blog 31. Oktober 2024
Am Ende dieses Monats verabschieden wir uns von unserer geschätzten Mitarbeiterin Kirsten Gäbler, die in ihrer Zeit bei uns eine wichtige Rolle gespielt hat. Sie begann ihre Tätigkeit in unserer Kanzlei zunächst im Bereich Empfang und Teamassistenz. In ihrer Funktion als Verbindung zwischen Sekretariat und Fachbereich sorgte Frau Gäbler im weiteren Verlauf ihrer Tätigkeit in unserer Kanzlei als juristische Assistenz für die Kommunikation und effizienten Bearbeitung unserer Mandate.
von Kanzlei Blog 27. Oktober 2024
Die Entscheidung, ein Erbe auszuschlagen, sollte wohlüberlegt sein. Ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Beschluss vom 24.07.2024 - 21 W 146/23, unanfechtbar) zeigt, dass die Anfechtung einer Ausschlagungserklärung zwar möglich ist, aber nur unter strengen Bedingungen. Eine Frau schlug nach dem Tod ihrer Mutter zunächst das Erbe aus. Hintergrund waren die schwierigen Lebensverhältnisse der Mutter, mit der sie seit ihrem elften Lebensjahr keinen Kontakt mehr hatte. Aufgrund der Alkoholkrankheit der Mutter und der Berichte einer Kriminalbeamtin über den chaotischen Zustand der Wohnung im Bahnhofsviertel, nahm die Tochter an, dass der Nachlass überschuldet sei. Erst viele Monate später erfuhr sie durch den Nachlasspfleger, dass ihre Mutter über ein erhebliches Kontoguthaben im oberen fünfstelligen Bereich verfügte. Daraufhin hat die Tochter die Ausschlagung angefochten und beantragte einen Erbschein als Alleinerbin. Das Nachlassgericht wies den Antrag jedoch ab. Die Anfechtung sei unwirksam, da die Tochter sich nicht ausreichend über den Nachlass informiert habe. Anders entschied das OLG Frankfurt am Main. Es bejahte die Anfechtung der Erbausschlagung (Beschluss vom 24.07.2024 - 21 W 146/23). Die Tochter konnte das Erbe somit annehmen.
von Kanzlei Blog 7. Oktober 2024
Die Vereinbarung von Rückzahlungsklauseln für Fortbildungskosten ist ein häufiger Streitpunkt im Arbeitsrecht. Mit seinem Urteil vom 25.04.2023 (Az. 9 AZR 187/22) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass diese Klauseln einer AGB-Kontrolle unterliegen. Dabei sind präzise Formulierungen und eine faire Abwägung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen unerlässlich. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, welche Anforderungen das BAG an Rückzahlungsklauseln stellt und wie Sie rechtssichere Regelungen gestalten können.
von Kanzlei Blog 27. September 2024
Die Errichtung eines Testaments ist ein bedeutender Schritt, der gut durchdacht sein sollte. Doch was passiert, wenn ein Testament unter außergewöhnlichen Umständen, etwa auf der Intensivstation, verfasst wird und sich im Anschluss die potentiellen Erben streiten? Ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 13.06.2024 (Az.: 10 W 3/23) beleuchtet die rechtlichen Herausforderungen in solchen Situationen.
von Kanzlei Blog 9. August 2024
In einem aktuellen Urteil hat das Oberlandesgericht Brandenburg (Urteil vom 16.07.2024 - 7 U 133/23) klargestellt, dass einem Verbraucher auch dann ein Widerrufsrecht zusteht, wenn er ein Notebook mit einer individuellen Konfiguration aus vorgegebenen Standardoptionen bestellt. Dieses Urteil ist von Bedeutung für alle, die elektronische Geräte online erwerben und diese an ihre Bedürfnisse anpassen möchten.
von Kanzlei Blog 29. Juli 2024
Wenn Sie eine Pauschalreise buchen und dabei von Flugverspätungen oder -ausfällen betroffen sind, stehen Ihnen möglicherweise Ansprüche auf Ausgleichszahlungen zu. Eine wichtige Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) stellt hierzu klar, dass für diese Ansprüche die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gilt, und nicht die kürzere zweijährige Frist, die oft bei Pauschalreisen Anwendung findet (Urteil vom 04.06.2024 - X ZR 62/23). 
Weitere Beiträge
Share by: