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ARBEITSrecht: Rote Karte für Mobber - Was Sie als Arbeitgeber im Zusammenhang mit Konfliktmanagement beachten sollten

Kanzlei Blog • 12. Januar 2019

Konflikte im Betrieb haben viele Gesichter. Sie können leise und unauffällig im Hintergrund ausgetragen werden oder störend laut auf der „Bühne Arbeitsplatz“. In einem gewissen Maße gehören sie zum Arbeitsalltag dazu. Verhärten sich aber die Fronten oder rutscht der sachliche Konflikt auf eine persönliche Ebene und wird zum Mobbing, so sind die Folgen weitreichend: Für Arbeitnehmer ebenso wie für Arbeitgeber, für Täter ebenso wie für Opfer. Im folgenden Artikel gibt Rechtsanwalt Martin J. Warm, Fachanwalt für Arbeitsrecht, einen Einblick, was für Arbeitgeber im Zusammenhang mit Konfliktmanagement und Mobbing wichtig ist.

Nicht alles, was im Volksmund als „Mobbing“ bezeichnet, erfüllt rechtlich den Tatbestand.

Konflikt

Konflikte sind nicht gleichzusetzen mit Mobbing. Ein Konflikt lässt sich beschreiben als Prozess der Auseinandersetzung, der auf unterschiedlichen Interessen beruht. Klar, dass dies in Betrieben häufig vorkommt, denn jeder ist anders. Unterschiedliche Charaktere müssen immer wieder gemeinsam an neue Situationen herangehen. Dass dabei nicht immer alle einer Meinung sein können, liegt auf der Hand. In den meisten Fällen lassen sich betriebliche Konflikte durch ein vernünftiges Miteinander lösen. Ein Arbeitgeber tut gut daran, wenn er erkennt, dass in Konflikten auch positive Energien stecken – vorausgesetzt, es handelt sich um sachliche Gründe für die Auseinandersetzung. In unterschiedlichen Auffassungen und Positionen verbergen sich schließlich häufig Wissen, Kenntnisse und Fähigkeiten. Zu typischen Konflikten am Arbeitsplatz gehören vereinzelte Reibereien und Spannungen zwischen Kollegen, Unmut bei Arbeitnehmern über Entscheidungen auf der Führungsebene, schlechte Laune, Stress oder harmlose Lästereien.

Mobbing

Im Gegensatz zum Konflikt handelt es sich beim Mobbing um einen komplexeren Sachverhalt. Die Folgen sind gravierender als bei Konflikten, denn Mobbing ist personenbezogen und begründet sich häufig auf Neid, Antipathie oder eine subjektive Wahrnehmung. Mobbing kann erscheinen als Angriff auf

• die Möglichkeit, sich mitzuteilen

• die sozialen Beziehungen

• das soziale Ansehen

• die Qualität der Berufs- und Lebenssituation

• die Gesundheit

Mobbing führt bei den Betroffenen häufig zu psychischen Problemen und überschreitet damit eine Grenze: Nicht nur die betriebliche Situation ist betroffen, sondern die Gesundheit des Opfers steht auf dem Spiel.


Mobbing charakterisiert sich nach der Rechtsprechung durch folgende Grundelemente:

·Zielgerichtetheit (gegen eine bestimmte Person)

·Objektive Schikane / Diskriminierung

·Regelmäßigkeit

·Über einen gewissen Zeitraum

·Negativ-Kommunikativ (das Mobbing muss nach außen sichtbar sein, beispielsweise gegenüber anderen Kollegen)

Häufig geht eine offene Respektlosigkeit mit den genannten Kriterien einher.

Fürsorgepflicht

Ein Arbeitgeber unterliegt der sogenannten Fürsorgepflicht. Das heißt, er hat Sorge dafür zu tragen, dass seine Arbeitnehmer am Arbeitsplatz unversehrt bleiben. Damit sind nicht nur körperliche Beeinträchtigungen gemeint, sondern auch Diskriminierungen und Anfeindungen, die das Persönlichkeitsrecht angreifen.

Im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sind psychische Belastungen seit 2013 fester Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsbedingungen (§ 5 Abs. 3 Nr. 6). Im ArbSchG ist ebenfalls verankert, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, Mobbing am Arbeitsplatz zu verhindern. Nach § 618, Abs. 1 BGB hat der Arbeitgeber den Arbeitsplatz so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Arbeitnehmer gegen Gefahr für Leben und Gesundheit geschützt ist. Denkt man dabei an Sicherheitsschuhe oder einen Helm auf der Baustelle, ist dies eine gut lösbare Aufgabe. Schwieriger wird es bei den nicht sichtbaren Gefährdungen für die Gesundheit.

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergibt sich außerdem aus § 242 BGB in Verbindung mit dem individuellen Arbeitsvertrag. Sie berechtigt den Arbeitgeber, einen „Mobber“ zu disziplinieren. Der Arbeitgeber kann verpflichtet sein, gegenüber dem Mobber eine verhaltensbedingte Abmahnung – oder gar eine Kündigung - aussprechen oder ihn zum Schutz des Mobbingopfers an einen anderen Arbeitsplatz versetzen. Mit der arbeitsrechtlichen Maßnahme der Abmahnung kommuniziert ein Chef deutlich: „SO nicht!“ Dabei muss klar sein, dass eine Abmahnung den Weg zur Kündigung ebnet.

Doch klare Grenzen sind beim Mobbing unerlässlich. Kommt der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht nach und gewährt einem betroffenen Mitarbeiter nicht den ihm zustehenden Schutz, so kann dieser im Extremfall gemäß § 273 BGB seine Arbeitsleistung verweigern. In einem solchen Falle ist der Arbeitgeber trotzdem verpflichtet, das Arbeitsentgelt zu zahlen. Ist der Arbeitgeber selbst der „Mobber“, verstößt er damit ganz klar gegen seine Fürsorgepflicht. Der Arbeitnehmer kann rechtlich dagegen vorgehen und seinen Arbeitgeber nach § 280 I BGB auf Schadensersatz verklagen.

Betriebliches Umfeld als Multiplikator – Führung als Schaltzentrale

Kommunikations- und Unternehmenspolitik spielen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Konflikten und Mobbing. Es obliegt der Verantwortung der Führungskraft, für eine angst- und diskriminierungsfreie Kultur zu sorgen, Entscheidungen transparent zu machen und Zuständigkeiten klar zu kommunizieren. Ihre Form des Umgangs mit den Mitarbeitern ist für diese maßgeblich. Als Arbeitgeber müssen Sie schon in der Grundhaltung vermitteln, dass Ihr Unternehmen Mobbing nicht duldet. Sie müssen kommunizieren, dass Ihre Mitarbeiter rechtzeitig Hilfe und Unterstützung bekommen können. Sorgen Sie in Ihrer Vorbildfunktion als Chef für eine positive Arbeitsumgebung, werden sich Ihre Mitarbeiter im Idealfall positiv ausrichten.

Als Führungskraft sind Sie die Schaltzentrale, die das Betriebsklima als Führungsaufgabe verstehen sollte. Grundsätzlich dürfen offene Respektlosigkeit, Anschuldigungen und Beleidigungen, ein gereizter Unterton im Umgang mit anderen, unangemessene Kritik, Nachlässigkeit und Verweigerung nicht geduldet werden. Es ist Aufgabe der Führungskraft, Kollegialität und gegenseitige Unterstützung im Betrieb zu fördern. Ein erster Schritt in diese Richtung ist das Interesse an den Mitarbeitern. Ein offenes Ohr hat schon so manchen Konflikt im Keim erstickt. Es sollten Möglichkeiten geschaffen werden, um sich über Missverständnisse und Unklarheiten auszutauschen, die Mitarbeiter sollten sich verstanden und gehört fühlen. Teambuilding-Maßnahmen und regelmäßige interne Besprechungen fördern ein positives Betriebsklima. Fehlende Kommunikationsbereitschaft und mangelnde Führungskompetenz hingegen bieten Konflikten und Mobbing einen idealen Nährboden.

Neben diesen „weichen“ Faktoren gibt es auch bei der Arbeitsorganisation jede Menge Konfliktpotential: Ist der Informationsfluss in alle Richtungen eindeutig geregelt, sind einzelne Mitarbeiter oder Gruppen über- oder unterfordert, ist die Arbeit nachvollziehbar verteilt? Werden strukturelle Fehler gemacht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen? Ist das Arbeitspensum in Ordnung oder ununterbrochen zu hoch oder zu niedrig? Etliche solcher Aspekte können ebenfalls durch regelmäßige Besprechungen aufgedeckt werden, so dass rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden können, die Unzufriedenheit vorbeugen.


Vorbeugende Maßnahmen

·Bei Konflikten: nicht lange warten, sondern eingreifen und handeln

·Fehler in der Arbeitsorganisation erkennen und beheben

·Eindeutige Verteilung der Aufgaben und Zuständigkeiten

·Transparente Entscheidungen

·Entwurf einer Betriebsvereinbarung gegen Mobbing am Arbeitsplatz

·Klare Arbeitsorganisationen

·Gute Informations- und Kommunikationspolitik

·Schulungen zur Mitarbeiterführung

Möglichkeiten zur Vermeidung von Mobbing im Unternehmen

Neben dem allgemein positiven Klima, für das Sie sorgen sollten, können Sie auch konkrete Maßnahmen ergreifen So könnte eine „Betriebsvereinbarung zur Verhinderung und Eindämmung von Mobbing“ sinnvoll sein. Diese Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat regelt Sanktionen bei Verstößen gegen die vom Arbeitgeber ausgesprochenen Verbote. In Betracht kommt außerdem eine betriebsinterne Bußordnung, die sich durch Lohnminderung, Strafzahlung oder Beförderungssperren zeigt. Die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung ist in der Rechtsprechung allerdings noch umstritten. In jedem Falle ist der Vorgesetzte verpflichtet, zu handeln. Ein Kritik- bzw. Mitarbeitergespräch oder eine Ermahnung sind unerlässlich. Er muss den mobbenden Arbeitnehmer auf die Unzulässigkeit seines Verhaltens ansprechen und ihn darauf hinweisen, dass dies so nicht hingenommen wird. Arbeitsrechtlich hat das Gespräch zwar keine Konsequenzen, aber es setzt ein deutliches Zeichen. Wichtig ist dabei, ein solches Gespräch zu dokumentieren.

Das LAG Thüringen hat in mehreren Urteilen entschieden, dass der Arbeitgeber als Verantwortlicher auch dann in Anspruch genommen werden kann, „wenn er es unterlässt, Maßnahmen zu ergreifen oder seinen Betrieb so zu organisieren, dass eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts ausgeschlossen wird“ (LAG Thüringen, 15.02.2001 Az.: 5 Sa 102/2000; 10.04.2001, Az.: 5 Sa 403/2000; 28.06.2005 Az.: 5 Sa 63/04)

Ermessensspielraum liegt beim Arbeitgeber

Der Arbeitgeber hat einen Ermessensspielraum, welche Maßnahmen als Reaktion auf Belästigungen eines Arbeitnehmers ergriffen werden. Der betroffene Arbeitnehmer hat nur Anspruch auf die Ausübung rechtsfehlerfreien Ermessens durch den Arbeitgeber. Sollte die Abwägung objektiv eine ganz bestimmte Maßnahme erfordern, besteht aber ein Anspruch des betroffenen Arbeitnehmers auf deren Durchführung.

So verhält sich der Arbeitgeber rechtlich angemessen

·Schaffen Sie eine Betriebsatmosphäre, die Mobbing-Sachverhalte vermeidet!

·Bewahren Sie Ruhe und zeigen Sie Fingerspitzengefühl bei Ihren Maßnahmen!

·Klären Sie zunächst die Sachverhalte! Hören Sie dabei sowohl den „Mobber“, wie auch den „Gemobbten“ an!

·Ergreifen Sie im Zweifel disziplinarische Maßnahmen gegenüber dem „Mobber“ (z.B. Unterlassung verlangen, versetzen, umsetzen, rügen, abmahnen oder verhaltensbedingt kündigen!


Mitgeteilt von Rechtsanwalt / Fachanwalt für Steuerrecht / Fachanwalt für Arbeitsrecht Martin J. Warm , Paderborn ( www.warm-rechtsanwaelte.de )

Der Text ist außerdem erschienen im Fachmagazin sprit + Ausgabe 05.2018 , Springer Verlag Automotive München

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