Aktuelles & Rechtstipps

sprit + Ausgabe 7.2017: PERSONALMANAGEMENT - Teil 5: Arten der Kündigung "Sie sind raus" 

Kanzlei Blog • Juli 01, 2017

Den Fachbeitrag von Rechtsanwalt Martin J. Warm "Sie sind raus" zum Thema "Personalmanagement: Arten der Kündigung " in der Ausgabe 7.2017 des im Verlag Springer Automotive Media erscheinenden Fachmagazins sprit + finden Sie hier.

sprit + Serie Personalmanagement Teil 5
sprit + Serie Personalmanagement Teil 5

"Sie sind raus"

Wenn das so einfach wäre! Kündigungen sind im Arbeitsalltag nichts Ungewöhnliches. Doch wie läuft es, wenn es tatsächlich zur Kündigung kommt? Es gibt etliche Regelungen, die es zu berücksichtigen gilt. Rechtsanwalt Martin J. Warm erklärt, was rund um die Kündigung zu beachten ist. Gesetzliche Schriftform beachten! Grundsätzlich gilt: Eine Kündigung ist eine einseitige Willenserklärung und bedarf der Schriftform (§ 623 BGB). Das Kündigungsschreiben enthält die volle Anschrift von Arbeitnehmer und Arbeitgeber, den genauen Austrittstermin und eine eigenhändige Unterschrift des Kündigenden. Handelt eine vom Arbeitgeber bevollmächtigte Person, hat diese eine Vollmacht im Original beizulegen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Kündigung durch den Empfänger zurückgewiesen werden kann (§ 174 BGB) Die Kündigung entfaltet erst dann ihre Wirkung, wenn sie dem Empfänger vor Ablauf der Kündigungsfrist auch tatsächlich zugegangen ist. Die Kündigungsfristen (aus Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Gesetz) müssen eingehalten werden. Kündigungsfristen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber können auseinanderfallen (§ 622 Abs. 1, 2 BGB). Während Arbeitnehmer gesetzlich – unbeschadet der Beschäftigungsdauer – zum 15. oder Ende eines Kalendermonats kündigen können, verlängert sich diese Frist für Arbeitgeber in Abhängigkeit zur Beschäftigungsdauer Arbeitnehmer unterliegen dem gesetzlichen Kündigungsschutz, wenn ihr Arbeitsverhältnis mindestens 6 Monate ohne Unterbrechung bestanden hat und im Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer i.S.v. § 23 KSchG tätig sind. Die ordentliche Kündigung Eine ordentliche Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein. Das ist der Fall, wenn sie personen-verhaltens-oder betriebsbedingt ist. Besondere Regelungen im Kündigungsschutz sind zu beachten bei bestimmten Personengruppen (u.a. Schwangere, Arbeitnehmer in Eltern- oder Pflegezeit, Betriebsratsmitglieder, Schwerbehinderte nach SGB IX). Besteht ein Betriebsrat, ist dieser anzuhören. Personenbedingte Kündigung („Der Arbeitnehmer kann nicht“) Der Arbeitnehmer kann in diesem Fall seinen vertraglichen Pflichten nicht (mehr) nachkommen. Er kann diesen Umstand nicht steuern und hat ihn insofern auch nicht zu verschulden. Beispiele sind: eine fehlende Arbeitserlaubnis oder der entzogene Führerschein eines LKW-Fahrers. Mangelnde Qualifikation oder das Nichtbestehen von Prüfungen können ebenfalls die personenbedingte Kündigung rechtfertigen. Als Arbeitgeber haben Sie die Pflicht, einige Punkte zu prüfen, ehe Sie zur Kündigung greifen. 1. Negativprognose: Es muss absehbar sein, dass in Zukunft keine Änderung des Zustandes zu erwarten ist. 2. Dringendes betriebliches Erfordernis: Die gegebenen Umstände müssen zu erheblichen Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Situation führen. 3. Weiterbeschäftigung: Sie müssen prüfen, ob Sie ein milderes Mittel als die Kündigung anwenden können (Teilzeit? Umschulung? Fortbildung?...)) 4. Interessenabwägung / Verhältnismäßigkeit. Auch eine Kündigung wegen Krankheit ist demnach–wenn auch in engen Grenzen – möglich und sozial gerechtfertigt. Verhaltensbedingte Kündigung („Der Arbeitnehmer will nicht“) Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers können zu verhaltensbedingten Kündigungen führen. Entscheidend ist, dass der Betroffene sein Verhalten steuern kann. Beispiele sind: Häufiges Zuspätkommen, Schlechtleistung, Nichtbefolgen von Arbeitsanweisungen. Maßgeblich ist, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitgeberinteressen vorliegt. Bevor eine verhaltensbedingte Kündigung wirksam ausgesprochen werden kann, sollte der Arbeitnehmer deutlich auf sein Fehlverhalten, z.B. durch eine Abmahnung, hingewiesen werden. Damit soll dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben werden, sein Verhalten zukünftig zu ändern. Ferner warnt sie den Arbeitnehmer vor härteren Konsequenzen. Bei schwerwiegenden Störungen im Vertrauensbereich oder erheblichen Pflichtverletzungen kann eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden Außerordentliche Kündigung Die außerordentliche - fristlose - Kündigung ist typischerweise eine verhaltensbedingte Kündigung. 2-Wochen-Frist beachten Diese muss binnen 2 Wochen seit Kenntnis des auslösenden Ereignisses ausgesprochen werden (§ 626 Abs. 2 BGB). Sie ist wirksam, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist. Ein wichtiger Grund kann sein: Vortäuschen von Krankheit, Verraten von Betriebsgeheimnissen an die Konkurrenz. Im Einzelfall sollten Sie abwägen prüfen, ob Sie zuerst zum Mittel der Abmahnung greifen müssen. Kündigen Sie nur aus einem Verdacht heraus, kann dies gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Betriebsbedingte Kündigung („Der Arbeitnehmer darf nicht“) Der Arbeitgeber hat entschieden, Arbeitsplätze zu verlagern oder zu rationalisieren. Die Umsetzung ist bereits konkret in Planung und mit der konkreten Umsetzung fällt ein Arbeitsplatz mit Ablauf der Kündigungsfrist endgültig weg. Auch hier gilt, dass die Kündigung nicht durch andere, mildere Mittel abgefangen werden kann. Bei betriebsbedingten Kündigungen ist es zwingend notwendig, eine Sozialauswahl vorzunehmen (§ 1 Abs. 3 KSchG). Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung der betroffenen Arbeitnehmer sind zu berücksichtigen. Beispiel für Abwägung bei betriebsbedingter Kündigung Sie beschäftigen insgesamt mehr als 10 Mitarbeiter, davon zwei Mitarbeiter, in der Waschstraße. Sie überlegen, die Öffnungszeiten der Waschstraße zur Erhaltung der Rentabilität zu reduzieren. Ehe Sie einem ihrer dort angestellten Mitarbeiter kündigen, müssen Sie in Erwägung ziehen, ihn im Forecourt oder im Servicebereich einzusetzen, wenn dies nach dem Arbeitsvertrag zulässig ist oder die Sozialauswahl dies gebietet. Kündigungsschutzverfahren Ein Arbeitnehmer muss innerhalb von 3 Wochen reagieren, wenn er der Ansicht ist, die Kündigung sei rechtsunwirksam (§ 4 KSchG). Mängel in der Form, falsche Fristen oder andere Fehler können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Über 70 % der Kündigungsrechtsstreite werden bereits im Gütetermin im Wege des Vergleichs erledigt. Empfehlung: Insbesondere eine verhaltensbedingte Kündigung sollte durch den Arbeitgeber gut vorbereitet werden. Der übereilte Ausspruch einer Kündigung kann „nach hinten losgehen“. Eine anwaltliche Beratung kann vor ungewollten Folgen schützen. Ist es möglich, noch einen Info-Kasten zu machen? § 622 Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen (1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. (2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen 1. zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats, (…) 7. 20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt. (3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. (4) (…) ( 5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden, 1. wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird; 2. wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt. (6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber. […]

Mitgeteilt von Rechtsanwalt / Fachanwalt für Steuerrecht / Fachanwalt für Arbeitsrecht Martin J. Warm , Paderborn ( www.warm-rechtsanwaelte.de )

von Martin J. Warm 23 März, 2024
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden: Erkrankt ein Arbeitnehmer während der Kurzarbeit "null", werden die ausgefallenen Arbeitstage nicht als Zeiten mit Arbeitspflicht betrachtet, wenn es um die Berechnung des Jahresurlaubs geht. Selbst bei Krankheit vor Einführung der Kurzarbeit ändert sich laut dem jüngsten Urteil des BAG vom 05.12.2023 (Az. 9 AZR 364/22) nichts an der durch Kurzarbeit geänderten Arbeitszeitverteilung.
von Kanzlei Blog 22 März, 2024
Am Karsamstag, den 30.03.2024, wird Paderborn erneut zum Mittelpunkt des Laufsports, da der 76. Paderborner Osterlauf stattfindet. Dieses traditionsreiche Event lockt jedes Jahr tausende begeisterte Läuferinnen und Läufer aus ganz Deutschland an. Als Kanzlei freuen wir uns außerordentlich, in diesem Jahr als Förderer dieses historischen Laufs auftreten zu dürfen.
von Can Kaya 19 März, 2024
In einem bemerkenswerten Fall hat das Oberlandesgericht Oldenburg (Beschluss vom 20. Dezember 2023 - 3 W 96/23) die Gültigkeit eines Testaments anerkannt, welches auf einer ungewöhnlichen Weise verfasst wurde: Ein handgeschriebener Zettel, abgerissen von einem Brauereiblock, der normalerweise für die Bestellungen in einer Dorfkneipe verwendet wurde.
von Kanzlei Blog 03 März, 2024
Der BGH betont in zwei aktuellen Entscheidungen, dass Baumaßnahmen, welche der Barrierefreiheit dienen, von demjenigen Wohnungseigentümer bezahlt werden müssen, der die Maßnahme verlangt. Die Eigentümergemeinschaft bleibt insoweit von den Kosten verschont.
von Martin Warm 02 März, 2024
Das Oberlandesgericht München hat in seinem Urteil vom 13. Mai 2020 (Az: 7 U 1844/19) eine bedeutende Entscheidung zum Ausschluss eines Gesellschafter-Geschäftsführers ohne sachlichen Grund getroffen.
von Martin Warm 02 März, 2024
In der heutigen Arbeitswelt ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) am Arbeitsplatz unausweichlich. Doch die Verantwortung der Arbeitgeber im Umgang mit dieser Technologie ist von entscheidender Bedeutung. Ohne angemessene Überwachung und Kontrolle bergen KI-Systeme potenzielle Risiken, die nicht ignoriert werden sollten.
von Kanzlei Blog 21 Feb., 2024
In der aktuellen steuerlichen Landschaft stehen Unternehmen, insbesondere solche mit Technischen Sicherheitseinrichtungen (TSE) an ihren Kassen, vor neuen Herausforderungen. Betriebsprüfungen können zu Hinzuschätzungen führen, die Unternehmen finanziell belasten können. Doch welche Möglichkeiten haben Steuerpflichtige in dieser Situation?
von Kanzlei Blog 21 Feb., 2024
Wer zu erst dran ist, ist vorne! Wir bilden Rechtsanwaltsfachangestellte aus und nehmen ab sofort Bewerbungen unserer zukünftigen Auszubildenden entgegen!
von Kanzlei Blog 13 Feb., 2024
Wenn Sie als Arbeitgeber oder Personalvertretung vor der Frage stehen, ob Sie Ihre Mitarbeiter zu einer Präsenzschulung oder einem inhaltsgleichen Webinar entsenden, ist Ihnen vielleicht nicht bewusst, dass die Entscheidung für das Format weitreichende finanzielle Konsequenzen haben kann. Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bringt hier Klarheit.
von Kanzlei Blog 12 Feb., 2024
Selbst Mieter, die den Hausfrieden stören, haben es nicht leicht, eine fristlose Kündigung abzuwenden. Das Landgericht München I hat in einem aktuellen Urteil (Beschluss vom 08.02.2023, Az.: 14 T 1361/23) klargestellt, dass eine Verlängerung der Räumungsfrist unter bestimmten Bedingungen möglich ist, jedoch eine rechtzeitige und intensive Wohnungssuc he voraussetzt.
Weitere Beiträge
Share by: